Im Atelier des Bildhauers
Zu Gast bei Georg Kolbe
18. April − 9. Juni 2013
In einer umfangreichen Präsentation seiner Sammlung gibt das Georg Kolbe Museum Einblick in das faszinierende Schaffen des Bildhauers und Museumsgründers. Georg Kolbe (1877–1947) schuf so berühmte Figuren wie „Der Morgen“ (1925), die Mies van der Rohe in seinem Barcelona-Pavillon für die Weltausstellung im Jahr 1929 aufstellen ließ. Kolbes Skulptur „Die Nacht“ (1930) steht im Lichthof des von Hans Poelzig entworfenen Berliner Haus des Rundfunks (1929–31). Die enge Beziehung von Kolbes figurativer Plastik zur Architektur der Moderne spiegelt sich auch in den Bauten, die der Künstler in den Jahren 1928/29 unweit des Friedhofes Heerstraße, auf dem auch seine früh verstorbene Frau Benjamine begraben liegt, errichten ließ. Die kubischen Backsteingebäude mit den deckenhohen Fenstern legen ein klares Bekenntnis zur architektonischen Moderne ab. Die lichten Atelierräume, die heute das Museum beherbergen, stellen die idealen Proportionen für die Begegnung mit der Skulptur.
Blick ins Atelier von Georg Kolbe, um 1930
Heute wie damals ist Berlin ein lebendiges Zentrum, in dem Kunst von internationalem Rang geschaffen wird. Georg Kolbe war zu seiner Zeit der erfolgreichste Bildhauer seiner Generation. Neben Skulpturen und Bildhauerzeichnungen werden auch Gussformen und Gipse gezeigt, die den künstlerisch und handwerklich anspruchsvollen Prozess der Entstehung der Plastiken, insbesondere das Verfahren des Bronzegusses, veranschaulichen. Die figürliche Bildhauerei vor dem Zweiten Weltkrieg hat stets den Menschen im Zentrum. Als Thema wählten die Bildhauer der frühen Moderne deshalb bevorzugt den Akt, eine konzentrierte und naturnahe Darstellung des Menschen, die sich abgrenzt von den preußisch-wilhelminischen Traditionen des 19. Jahrhunderts, ihrem Detailrealismus und ihren häufig süßlich erotisierenden Darstellungsformen. In Kolbes Atelier entstanden in der Weimarer Republik Figuren, die den freien Menschen zum Thema haben, Michelangelo (1475-1564) und Auguste Rodin (1840–1917), der nur 37 Jahre älter ist als Kolbe, standen ihm als künstlerische Vorbilder Pate. Mit dem letztgenannten verbindet Kolbe eine enge Bindung zum Tanz und zur Beobachtung der menschlichen Bewegung, denen er in seinen anmutigen Figuren einen bleibenden Ausdruck verleiht. In der Ausstellung wird durch Ergänzungen von Werken anderer Bildhauer seiner Generation vermittelt, wie eng Kolbes Themen an ihre Entstehungszeit gekoppelt sind. Ein lebendiges Bild der künstlerisch sehr produktiven Jahre der Weimarer Republik entsteht. Die Entwicklung seiner Werke während der nationalsozialistischen Diktatur bis zu Kolbes Tod im Jahr 1947 zeigt, wo Kontinuitäten und wo Brüche im Werk sichtbar sind.