Die Kunstkammer im Georg-Kolbe-Museum No. 13 – Markus Wirthmann
28. Oktober 2011 – 05. Februar 2012
Äolik in der Streusandbüchse
Eröffnung: Donnerstag, 27. Oktober 2011, 18 Uhr
Künstlergespräch zwischen Markus Wirthmann und Dr. Marc Wellmann, Ausstellungsleiter des Georg-Kolbe-Museums
Es klingt wie ein leiser Nieselregen. Sand rieselt durch feine Löcher in einem Metallregal, türmt sich zu kegelförmigen Gebirgen auf, fließt weiter, verharrt. Was am Ende bleibt, ist eine Dünenlandschaft aus Kratern und Tälern.
„Äolik in der Streusandbüchse“ nennt Markus Wirthmann seine Arbeit und lädt den Besucher zu einer Reise in eine Wüsten-Installation in die Kunstkammer Nr. 13 des Georg-Kolbe-Museums ein. Der Berliner Künstler verbindet in dem Titel die Beschäftigung mit „äolischen Prozessen“, das heißt den Verhältnissen zwischen Abtragung, Bewegung und Akkumulation von Sand unter dem Einfluss von Wind. Die „Streusandbüchse“ ist eine Anspielung auf den märkischen Boden und jenen kleinen, mit feinem Sand gefüllten Behälter zum Trocknen der Tinte, wie ihn einst Friedrich der Große verwendete.
Was auf uns mit optischer Leichtigkeit wirkt, verbirgt in sich ein kolossales Gewicht: Welche Kräfte von 250 Kilo feinem Quarzsand ausgelöst werden können, zeigte sich während des Aufbaus, als das Regal unter der Sandlast plötzlich zusammenbrach. Wirthmann musste nun doch die freistehende Raumskulptur mit Drahtseilen an den Wänden befestigen. Die Ventilatoren existieren nur noch als Drohung, um den Sand zum Ausstellungsende hinwegzublasen.
Wirthmann experimentiert. Dabei haben Faktoren wie Zeit und Zufall ihre Hände im Spiel. Auch wenn der Künstler Grenzen setzt, Strukturen vorgibt, Prozesse beendet – Zufälligkeiten bestimmen den Verlauf: So haben Licht, Temperatur und andere Einflüsse einen entscheidenden Anteil an seinen künstlerischen Installationen.
Die Auseinandersetzung mit den Wirkungen des Windes und Formungen der Wüste weckten Wirthmanns Interesse während eines Aufenthalts in der Namib-Wüste anlässlich eines Symposiums 2001. Seitdem sind zahlreiche Arbeiten, die sich mit dem Zusammenspiel von Wind und Sand beschäftigen, entstanden. Aus Behältern, Ventilatoren, Quarz- oder Dünensand entwickeln sich immer neue Sandgebirge in Sammlungen oder Galerien: 2004 „Äolische Prozesse – Wüste, Kunstsammlung Gera“, 2005 „Äolische Prozesse – Wüste, Kunstbank Berlin“, 2009 „Kunstverein Grafschaft Bentheim“ oder die jüngste Schau September 2011 im Anton-von-Werner-Haus in Berlin.
Markus Wirthmann ist Künstler und Forscher. Bei ihm verbinden sich ästhetische und naturwissenschaftliche Prozesse zu einem besonderen Erlebnis. Dies zeigt sich auch in einem zweiten großen Schwerpunkt seines Werks, der Arbeit mit Salzen und Kristallen. Aus Steinsalz, Kochsalz, Natriumchlorid oder Kupfersulfat schafft er Kristallbilder in unterschiedlichen Formen und Farben. In der Kleinen Orangerie am Schloss Charlottenburg konnte man im August 2011 ein solches Kristallisationsschauspiel beobachten.
Markus Wirthmann wurde 1963 in Aschaffenburg am Main geboren. Er studierte an der Hochschule für bildende Kunst Braunschweig und an der Universität der Künste Berlin. Wirthmann lebt und arbeitet in Berlin.
(Juliane Kobelius, 2011)
PRESSESTIMMEN
„Der 1963 Geborene hat ein ausgeprägtes Interesse an naturwissenschaftlichen Vorgängen, die er in Bildhauerei zu übersetzen versucht. Unbildbare Materialien wie Luft, Licht und Wasser haben es ihm angetan. Um die flüchtigen Stoffe einzufangen, baut Wirthmann komplizierte Systeme.“ (Laila Niklaus, 22.11.2011)
monopol-online.de
„Es handelt sich um ein sechsstöckiges Metallregal, in dessen Böden Löcher gebohrt sind. Sand aus vier Behältern rieselt unablässig herab und bildet von Etage zu Etage reizvolle Mini-Wüstenlandschaften.“ (Jens Hinrichsen, 8.11.2011)